Salonbegleiterschlafwagen Sal Begl 4ü-37
Wagennummern: 10 221 Bln bis 10 225 Bln
Erste Bestrebungen zur Beschaffung dieser Bauart reichen bis ins Jahr 1936 zurück. Zu jener Zeit wandte sich die
Reichsregierung mit der Bitte an die Deutsche Reichsbahn, für die Unterbringung der immer zahlreicher werdenden
Begleitpersonen spezielle Schlafwagen bauen zu lassen. Diesem Wunsch wurde letztendlich im November 1936 mit der Anordnung zur
Beschaffung von zwei Salon- Begleiterschlafwagen entsprochen.
Angemerkt sei dabei, daß seinerzeit noch nicht an ein groß angelegtes Programm zur Fertigung von Salonwagen zu
denken war, wie es nur wenige Monate später Gestalt annehmen sollte (und in das dann auch die beiden als
10 221 Bln und 10 222 Bln bezeichneten Begleitkommandowagen aufgenommen worden sind). Nicht ganz
uninteressant ist zudem die Tatsache, daß die ersten Entwürfe noch eine Bauform ähnlich den 35er
Schnellzugwagen zeigten (u. a. mit zu den Einstiegen hin eingezogenen Seitenwänden), gleiches galt aber auch für
andere der 1937 beschafften Salonwagen.
Ausgehend vom geplanten Einsatzzweck ergaben sich bei der Konstruktion der Fahrzeuge fast zwangsläufig Analogien zu den
damals in Betrieb befindlichen Schlafwagen der Mitropa. Bestes Beispiel ist hierbei die Ausführung der Schlafräume als
Doppelabteile, auch konnten - anders als bei den zu gleicher Zeit gelieferten Salon-Gästeschlafwagen - in jedem Abteil zwei
Betten hergerichtet werden, die sich für Fahrten am Tag zu einem bequemen Sofa umbauen ließen, wobei das obere Bett
dann als Fortsetzung der Rückenlehne fungierte. Als Waschgelegenheit war zudem ein abdeckbares, viertelkreisförmiges
Waschbecken vorgesehen.
Allerdings sind auch einige Unterschiede zu den Mitropa-Fahrzeugen auszumachen, am auffälligsten sind in diesem
Zusammenhang der großzügiger dimensionierte Wagenbegleiterraum sowie die Anordnung eines geräumigen Wachabteils
mit Kofferablage am
NHBr-Ende. Weniger schnell fallen hingegen die leicht gewachsenen Ausmaße der Einstiegsräume und
WCs auf. In der Summe führten diese Maßnahmen dazu, daß trotz der gegenüber den Mitropa-Wagen um
800 mm größeren LüP nur zehn anstatt der sonst üblichen elf Schlafräume angeordnet werden
konnten, die daneben auch noch um einige Zentimeter schmaler ausfallen mußten.
In drei Miniserien wurden bis 1942 insgesamt fünf Wagen dieser Bauart an die Reichsbahn übergeben, wobei sich
zwischen den Serien kleinere Unterschiede in Konstruktion und Ausstattung ergaben. Äußerlich machte sich dies vor
allem bei den Dacharmaturen bemerkbar, denn während die Wagen der Baujahre 1937 (10 221 Bln und
10 222 Bln) und 1938 (10 223 Bln) noch mit doppelten Wendlerlüftern geliefert worden waren,
rüstete man die beiden 1942 fertiggestellten Fahrzeuge 10 224 Bln und 10 225 Bln mit Luftsaugern der
Bauart Kuckuck aus. Und auch bei den Signalhaltern fanden zwei verschiedene Bauformen Anwendung: erhielten die ersten beiden
Wagen an den Dachenden noch aufgesetzte, windschnittig verkleidete «Hörnchen», in die die
Zugschlußlaternen eingesteckt werden konnten, versetzte man die Signalhalter bei den nachfolgenden Fahrzeugen (ab
10 223 Bln) hingegen in extra dafür am Wagenende eingelassene Dachnischen. Damit ergab sich für jede der
drei Serien eine für sie typische Kombination aus Lüfter- und Signalhalterbauart.
Der Bau aller fünf Wagen oblag den Vereinigten Westdeutschen Waggonfabriken (Westwaggon / VWW) in
Köln-Deutz, in deren Verantwortungsbereich auch die Fertigung der ersten drei Gästeschlafwagen fiel. Der erste
Wagen - 10 221 Bln - verließ die Deutzer Werkhallen im September 1937, ihm folgte noch im selben Jahr der
10 222 Bln, während der 10 223 Bln spätestens im August 1938 zur Ablieferung kam. Die
Übergabe von 10 224 Bln und 10 225 Bln war ursprünglich für Dezember 1939 geplant, aufgrund
eines sechs Wochen nach Kriegsbeginn verhängten Baustopps sollte es hierzu jedoch nicht mehr kommen. Erst im Dezember 1940
konnte der Bau beider Wagen wieder aufgenommen werden und daran änderte diesmal auch ein neuerlich verhängter
Fertigungsstopp für sämtliche Salonwagen aus dem Februar 1941 nichts mehr. Da allerdings für den Weiterbau keine
Dringlichkeitsstufe(n) erteilt worden war(en), zog sich die weitgehende Fertigstellung beider Fahrzeuge bis Januar bzw. Februar
1942 hin, aufgrund der noch fehlenden Schalttafeln (Pintsch) war jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht an eine
Auslieferung zu denken. Auf Drängen von Westwaggon wurden 10 224 Bln und 10 225 Bln schließlich
im Mai 1942 zum Raw Potsdam überführt, wo man cirka drei Monate später die zwischenzeitlich gelieferten
Schalttafeln einbauen und so die Wagen fertigstellen konnte.
Die beiden zuletzt beschafften Wagen werden in der Literatur teilweise auch unter der Bezeichnung
"Sdr Begl 4ü-42" bzw. "Sal Begl 4ü-42" geführt, gelten aber offiziell
wie ihre Vorgänger als "Sal Begl 4ü-37".
Verwendung und Umbauten bis 1945
10 221 Bln und 10 222 Bln wurden nach ihrer Abnahme in den Zug Hitlers ("Einheit III")
eingestellt, gleiches gilt auch für den 10 223 Bln, so daß ab diesem Zeitpunkt vermutlich alle drei
Begleiterschlafwagen im selben Zugverband liefen (welcher ab 1939 als "Amerika" bezeichnet wurde). An dieser
Situation dürfte sich bis zur Lieferung der beiden Nachzügler 10 224 Bln und 10 225 Bln
grundsätzlich nicht viel geändert haben, denn während des Überfalls auf Jugoslawien sind nachweislich alle
drei Wagen im Zug "Amerika" anzutreffen gewesen.
Ein grundsätzlicher Wandel dürfte sich erst Ende August/Anfang September 1942 mit der Übergabe von
10 224 Bln und 10 225 Bln ergeben haben. Am 3. September 1942 wird jedenfalls gemeldet, daß beide
Wagen nunmehr fertiggestellt seien und sich bereits im Zug "Amerika" befinden würden. Noch im selben Monat kam
der Wunsch auf, dem Zug kurzfristig einen weiteren Begleiterschlafwagen zuzuführen, da sich der ständig mit Hitler
reisende Personenkreis um zwölf Mann erhöht hatte. Der beizugebende Wagen sollte allerdings schnellstmöglich
durch einen zweiten ausgetauscht werden, bei dem zuvor vier Abteile zu Büroräumen mit Schreibtisch und Kleiderschrank
umzubauen waren. Als kurzfristig einzustellenden Wagen wählte man den 10 221 Bln aus, während die
Umbauarbeiten an seinem Schwesterwagen 10 222 Bln vorgenommen werden sollten. Um die Obergrenze von 15 Wagen nicht zu
überschreiten, mußte für den nachweislich in den Zug eingestellten 10 221 Bln ein anderer Wagen in
den Vorzug abwandern (d. h. "Amerika" wies zu dieser Zeit bereits 15 Fahrzeuge auf). Von der geplanten
Herrichtung des 10 222 Bln zum kombinierten Schlaf-/Bürowagen sah man später allerdings ab, um ihn auch
zukünftig in seiner ursprünglichen Form für die Regierung vorhalten zu können - als Umbauopfer wurde sodann
der Mitropa-Schlafwagen WL 4ü-39, 22084, auserkoren (allerdings ist nicht klar, ob dieser auch tatsächlich
entsprechend hergerichtet wurde).
Für die Zeit danach fehlen bislang leider Angaben zum Einsatz der Wagen. Bei Kriegsende fanden sich jedoch vier der
fünf Fahrzeuge in der us-amerikanischen Besatzungszone wieder, während der 10 224 Bln seinerzeit offenbar
in der britischen Zone stand. Die Wagen wurden größtenteils beschlagnahmt und standen anschließend der
US Army (10 221, 10 222 und 10 225) bzw. der
British Army (10 224) zur Verfügung. Eine Ausnahme bildete der
10 223 Bln, er entging (aus welchen Gründen auch immer) der Beschlagnahme und wurde im Juni 1947 zum
Meßwagen Dienst 4üe-37/47, 729 019 Mü
umgebaut, seine Lackierung behielt er dabei weitestgehend (natürlich bis auf Reichsadler und Beschriftung)!
Die übrigen vier Wagen wurden zwischen 1950 und 1957 an Deutsche Bundesbahn (10 222,
10 221 sowie 10 224) und ÖBB
(10 225) zurückgegeben.
Weiterführende Links
Die Inneneinrichtung der Wagen
Übersichtsskizzen
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 221 bei der Deutschen Bundesbahn und der DSG
Der Wagen 10 222 bei der Deutschen Bundesbahn
Der Wagen 10 223 bei der Deutschen Bundesbahn
Der Wagen 10 224 bei der Deutschen Bundesbahn
Der Wagen 10 225 bei den Österreichischen Bundesbahnen
Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
Westwaggon (VWW), Köln-Deutz |
Baujahr |
10 221 Bln, 10 222 Bln |
1937 |
10 223 Bln |
1938 |
10 224 Bln, 10 225 Bln |
1942 |
Beschafft auf Vertrag |
10 221 Bln, 10 222 Bln |
03.966 / 59.005 |
10 223 Bln |
03.966 / 59.014 |
10 224 Bln, 10 225 Bln |
03.966 / 59.022 bzw. 26(59).022 |
Durchschnittliches Eigengewicht |
62,3 t |
Länge über Puffer |
24.300 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
24.000 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
23.000 mm |
Drehzapfenabstand |
16.960 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.854 mm |
Wagenhöhe über Schienenoberkante |
3.980 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Görlitz III schwer 4.Federung |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
10 221 Bln - 10 223 Bln |
Tatzlagergenerator ZOG 180 |
10 224 Bln, 10 225 Bln |
Tatzlagergenerator ZOG 181 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr (oder Hnl) * |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
10 221 Bln, 10 222 Bln |
Aufgesetzt |
10 223 Bln - 10 225 Bln |
In Dachnischen versetzt |
Dachlüfter |
Doppelte Wendlerlüfter |
12 Stück (10 221 Bln - 10 223 Bln) |
Kuckuckslüfter |
12 Stück (10 224 Bln, 10 225 Bln) |
Abteile |
Einstiegsräume |
2x |
Endaborte |
2x |
Wachabteil |
1x |
Abteile (zweibettig) |
10x |
Wagenbegleiterraum |
1x |
Ofenraum |
1x |
* Laut "Die Einheits-Personen- und Gepäckwagen der Deutschen Reichsbahn, Bauarten 1932-1937" (S. 195) und
"Deutsches Wagen-Archiv: Reisezugwagen 1, Sitz- und Gepäckwagen" (S. 283 und 354) erhielten die Fahrzeuge eine
Kunze-Knorr-Bremse für Schnellzüge (Kksbr) in Verbindung mit einer Leitung zur Henrybremse (Hnl), in einer
Aufstellung der Rbd Berlin vom 19. Oktober 1938 werden für die drei vorhandenen Wagen jedoch Kksbr und Hnbr (=
Henrybremse) genannt. Dieser Darstellung entsprechen auch die Angaben im Anschriftenfeld des Wagens 10 224 Bln zum
Zeitpunkt der Ablieferung.