Salonberatungswagen Sal Ber 4ü-38a
Wagennummer: 10 252 [P] Bln
Unter den neuen Salonwagen des Jahres 1938 befanden sich auch zwei Beratungswagen mit den Nummern 10 252 Bln und
10 253 Bln, die jedoch in vielen Details voneinander abwichen. Recht ungewöhnlich sind dabei die vergebenen
Gattungsbezeichnungen, denn eine Gattung "Sal Ber 4ü-38" ohne den Zusatz "a" oder
"b" sucht man (egal wo) vergebens - eine Begebenheit, die für die Reichsbahn nahezu einmalig sein dürfte!
Die Vorgeschichte beider Wagen beginnt Mitte 1938, zu diesem Zeitpunkt trat die Wehrmacht mit der Bitte an die Reichsbahn
heran, für sie zwei Beratungswagen zu beschaffen, je einen für die Befehls- haber des Heeres und der Luftwaffe.
Nachdem beide Grundrisse aufgestellt und genehmigt waren, erfolgte Ende Juni 1938 schließlich die Bestellung der zwei
Wagen. Nach dem Willen der Wehrmacht - die im übrigen die Kosten zu übernehmen und die Stahlkontingente zur
Verfügung zu stellen hatte - war der erste Wagen weniger als drei Monate später, nämlich am 1. September 1938
(!), zu liefern.
Äußerlich erscheint der intern in aller Regel als "Beratungswagen I" bezeichnete 10 252 Bln fast
wie ein 'echter' Salonwagen, was vor allem mit der Fenstergestaltung im Bereich des Beraterraums und den Klapptrittstufen an den
Einstiegen des Vorsalons zu tun hat. Beim Anblick von Vorsalon und Beraterraum (man könnte auch sagen Salon) dürfte
sich dieser Eindruck noch verstärken, allerdings zeigt sich im weiteren (Wagen-) Verlauf dann doch sehr schnell, daß
der 10 252 Bln eigentlich für einen ganz anderen Verwendungszweck gedacht war - mit ihm sollte Kontakt zur
Außenwelt gehalten werden, im (geplanten) Ernstfall war er gar als Befehls- und Lagewagen vorgesehen. Diesem Zweck
entsprechend folgten auf den Beraterraum einige klar nach Funktion gegliederte Abteile, die vor allem der
Nachrichtenübermittlung dienen sollten: Schreibmaschinenraum, Schlafraum 1 und 2, Fernschreibraum,
Fernsprechvermittlungsraum, Schlüsselraum und Funkraum, daran schlossen sich zu guter Letzt noch wie üblich
Wagenbegleiterabteil, WC und Einstiegsraum an. Bei Stillstand des Zuges konnten (so denn entsprechende Anschlüsse
vorhanden waren) die Fernschreib- und Telefonleitungen des Wagens mit dem öffentlichen Netz verbunden und außerdem
auf einer Wagenseite zwei Außenantennen für den Funkverkehr montiert werden. Letztere fanden während der Fahrt
im Funkraum Platz (siehe Übersichtsskizzen).
Konstruktion und Bau oblagen der Waggonfabrik Wegmann & Co. aus Kassel, die den Wagen "fristgerecht" im Herbst
des Jahres 1938 zur Ablieferung brachte (ob allerdings wirklich der 1. September eingehalten werden konnte, ist nicht bekannt).
Verwendung und Umbauten bis 1945
Gedacht war der Wagen eigentlich für den Oberbefehlshaber des Heeres (seit Februar 1938 war das Walther von Brauchitsch),
dürfte aber von Anfang an eher als Instrument Hitlers gedient haben, um möglichst nah an die Entscheidungsbasis des
OKH zu gelangen. Deutlich wird das unter anderem an der Tatsache, daß der Wagen i. d. R. in Hitlers Zug
eingestellt wurde.
Bis zum Überfall auf Polen gehörte der 10 252 Bln allerdings nicht zu den Stammwagen in Hitlers Zug und
wurde wahrscheinlich eher selten und dann auch erst auf besonderem Antrag der Adjutantur mitgenommen. Während des Krieges
änderte sich das grundlegend, denn ab da sollte er vor allem in den "heißen Phasen" über längere
Zeit im Zug verbleiben (später eigentlich sogar ständig). Dabei wurde er stets mit dem Nichthandbrems-Ende (mit dem
Beraterraum) direkt an Hitlers Salonwagen gekuppelt.
Interessant ist auch die Belegung der beiden Schlafräume: während ersterer für den Offizier vom Dienst (bzw.
Nachrichtenoffizier) vorgesehen war, sollten in letzterem zwei Schreiber Platz finden. Kurz nach der Indienststellung des
Wagens war dies jedoch schon wieder hinfällig, denn im Oktober 1938 ließ man das zweite Schlafabteil provisorisch
zum Schlüsselraum herrichten. Dazu entfernte man die beiden Betten und baute statt dessen einen Schreibtisch ein. Grund
für den Umbau war eine Veränderung im Funkraum: der ursprünglich eingebaute Kurzwellensender mußte einem
verstärkten Sender mit 700 W Leistung weichen, für den jedoch keine passenden Heiz- und Anodenumformer-
sätze (mit Schalttafel) vorhanden waren, so daß man vorläufig auf Geräte mit etwa doppelter Leistung
zurückgreifen mußte. Da hierfür im Funkraum nicht genügend Platz vorhanden war, stellte man sie
letztendlich im bisherigen Schlüsselraum auf. Im weiteren Verlauf war beabsichtigt, einen kleineren Umformersatz
entwickeln zu lassen, der im Funkraum eingebaut werden konnte - ob und ggf. wann dies erfolgt ist, ließ sich bislang
nicht ermitteln.
Im Frühjahr 1941 scheint aber der ursprüngliche Schlüsselraum wieder in Betrieb gewesen zu sein, da man
zwischenzeitlich (der genaue Zeitpunkt ist unklar) das zweite Schlafabteil als Arbeitsraum für General Jodl hergerichtet
hatte, spätestens bei dieser Gelegenheit entfernte man auch den kleinen Waschschrank. Im Mai 1941 wurde dann erneut ein -
diesmal weniger umfangreicher - Umbau veranlaßt, der u. a. den Einbau eines zusätzlichen Regals oberhalb des
Schreibtisches im Arbeitsraum Jodls vorsah. Im ersten Schlafraum wurde hingegen nur ein kleines Hängeschränkchen
unterhalb des Gepäckträgers installiert und zusätzlich ein Hocker angefertigt. Der Bau der zusätzlichen
Einrichtungsgegenstände erfolgte bei Wegmann in Kassel, während der Montage dann vermutlich vom Raw Potsdam
vorgenommen wurde.
Im übrigen scheinen im Laufe der Zeit noch weitere Änderungen an der Nachrichtentechnik vorgenommen worden zu sein.
Nachdem sich Hitler am 19.12.1941 selbst zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt hatte, dürfte der Wagen (spätestens
dann) direkt ihm zugeordnet worden sein. Eineinhalb Monate zuvor erging zudem die Anweisung, den Wagen neu zu beschriften. War
der Wagen bislang als Privatwagen 10 252 [P] in den normalen Nummernkreis der Reichsbahn-Salonwagen einsortiert
worden, sollte er nunmehr eine Nummer aus dem Bereich der Wehrmachtswagen erhalten: 918 004 [P] Bln, als
Eigentümer war demnach OKW / WNV / Berlin W35 / Bef I anzuschreiben. In wie weit diese Umzeichnung tatsächlich
erfolgt ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Bekannt ist jedoch, daß der Wagen zu einem späteren
Zeitpunkt die Nummer 918 252 [P] Bln erhalten hat.
Bei Kriegsende befand sich der nunmehr ehemalige 10 252 Bln weiterhin im Zug Hitlers und wurde daher wie die anderen
Wagen des Zuges im Mai 1945 von der US Army beschlagnahmt.
Etwas mysteriös gestaltet sich die unmittelbare Nachkriegszeit, da es drei Varianten zum
Einsatz des 10 252 unter der Schirmherrschaft der Alliierten gibt: bei der Belgischen
Armee (eher unwahrscheinlich), bei den SWDE (französische Zone) und der US Army (meiner Meinung nach am
wahrscheinlichsten). Fakt ist jedoch, daß der Wagen Anfang der 50er Jahre zur Deutschen Bundesbahn gelangte.
Weiterführende Links
Die Inneneinrichtung des Wagens (mit weiteren Bildern)
Übersichtsskizzen
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 252 bei der Deutschen Bundesbahn
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
Wegmann & Co., Kassel |
Baujahr |
1938 |
Beschafft auf Vertrag |
03.966 / 59.017 |
Eigengewicht |
63,9 t |
Länge über Puffer |
24.300 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
24.000 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
23.000 mm |
Drehzapfenabstand |
16.960 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.854 mm |
Wagenhöhe über Schienenoberkante |
3.980 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Görlitz III schwer 4.Federung |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
Tatzlagergenerator ZOG 181 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
Aufgesetzt |
Dachlüfter |
Kuckuckslüfter |
11 Stück |
Einfache Wendlerlüfter |
1 Stück |
Abteile |
Vorsalon |
1x |
Besprechungsraum (Salon) |
1x |
Schreibmaschinenraum |
1x |
Abteile einbettig |
1x |
Abteile zweibettig |
1x |
Fernschreibraum |
1x |
Fernsprechvermittlungsraum |
1x |
Schlüsselraum |
1x |
Funkraum |
1x |
Wagenbegleiterraum |
1x |
Ofenraum |
1x |
Endabort |
1x |
Einstiegsraum |
1x |