Salonnachrichtenwagen Sal N 6ü-39
Wagennummer: 10 254 [P] Bln
Im Fahrzeugprogramm des Jahres 1939 waren auch zwei als Nachrichtenwagen bezeichnete Fahrzeuge vertreten. Und wie der Name
bereits vermuten läßt, waren sie dazu bestimmt, für die Machthaber im Zug die Übermittlung von Nachrichten
und Befehlen zu übernehmen und gleichzeitig über die aktuelle Tageslage informiert zu sein.
Die beiden Wagen unterscheidet dabei aber nicht nur der fehlende Beraterraum von den zuvor gelieferten Beratungs- wagen,
vielmehr besitzen sie mit jeweils einem Dieselgenerator eine autarke Stromversorgung, der bei Bedarf auch die anderen Wagen des
jeweiligen Zugs mit Energie beliefern konnte. Grund hierfür dürfte neben dem recht hohen Strombedarf der Wagen unter
anderem der relativ knappe Bestand an Maschinenpackwagen gewesen sein.
Beim hier vorgestellten 10 254 Bln befand sich der Dieselgeneratorraum direkt hinter dem Einstiegsraum am
Nichthandbrems- Ende und somit fast direkt über dem Drehgestell. Nach einem schmalen Kofferraum folgten drei zweibettige
Schlafräume sowie die eigentlichen Abteile zur Nachrichtenübertragung (mit dazwischenliegendem Raum für den
Nachrichtenführer). Die Bedeutung des letzten Raums vor der Seitengangtür erschließt sich bislang nicht, zumal
er ohne Fenster geblieben ist (laut Bruno Rebbelmund könnte es sich um den sogenannten "Schlüsselraum" zur
Codierung und Decodierung von Nachrichten handeln). Bekannt ist dagegen der Verwendungszweck des Raums, der den Platz des sonst
üblichen Wagenbegleiterabteils einnimmt: in ihm wurden Technik und Geräte untergebracht (ist also im Prinzip ein
Lagerraum). Den Abschluß bilden wie so oft das WC und der zweite Einstiegsraum. Vergleicht man den Grundriß mit dem
des 10 255 Bln, so wird man feststellen, daß der 10 254 Bln insgesamt weniger Räume zur
Unterbringung von Übertragungstechnik aufzubieten hatte, was sicher auch einige Rückschlüsse auf den Nutzer des
Fahrzeugs zuläßt.
Die Beschaffungsgeschichte ist eng an die des Salonwagens 10 213 Bln gekoppelt, denn als Außenminister von
Ribbentrop im November 1938 den Wunsch nach einem neuen Salonwagen äußerte, stand noch ein weiteres Fahrzeug auf
seinem Wunschzettel: ein Beratungswagen (die Bezeichnung Nachrichtenwagen entstand erst später). Nachdem sich das AA wie
schon beim späteren 10 213 Bln bereit erklärt hatte, die Kosten zu übernehmen und den benötigten
Stahl zur Verfügung zu stellen, gab auch die Reichsbahn Ihr Einverständnis zur Beschaffung des nunmehr als
10 254 Bln geführten Wagens.
Aufgrund seines enormen Gewichts (zusammen mit dem 10 255 Bln galt er als der schwerste Personenwagen der Deutschen
Reichsbahn überhaupt!) war von Anfang an klar, daß dreiachsige Drehgestelle unterzubauen waren, die wie bei fast
allen Salonwagen bei der WUMAG in Görlitz entstanden sind. Konstruktion und Bau des Wagens oblagen dagegen der Waggon-
fabrik Wegmann & Co. aus Kassel. Die ursprünglich auf Ende 1939 terminierte Fertigstellung des Wagens verzögerte
sich aufgrund des heraufbeschworenen Krieges allerdings immer wieder, so daß der Wagen, obwohl sein Bau anders als beim
10 213 Bln im September 1939 nicht gestoppt wurde, letztendlich erst Ende Mai 1940 die Werkshallen verließ.
Verwendung und Umbauten bis 1945
Der 10 254 Bln stand nach seiner Lieferung dem Auswärtigen Amt zur Verfügung und wurde folglich in den
Dienstwagenzug des Außenministers Joachim von Ribbentrop eingestellt. Zum Zeitpunkt der Lieferung könnte das noch
der Ministerzug "Heinrich" gewesen sein, nach der Herauslösung des AA-Zugteils spätestens im September 1939
dann natürlich der eigenständige Verband "Westfalen". Im Jahr 1941 erhielt der Wagen zusammen mit anderen
Fahrzeugen des Ribbentropschen Sonderzugs Drehgestelle für die sowjetische Breitspur (1524 mm), um die dortigen
Strecken befahren zu können (diese Drehgestelle wurden irgendwann nach 1945 verschrottet).
Es ist davon auszugehen, daß der Wagen bis zum Kriegsende im Zug des Auswärtigen Amtes verblieb und somit zusammen
mit den anderen Fahrzeugen in die Hände der
US Army fiel. Und tatsächlich
stand er ab 1945 der us-amerikanischen Besatzungsmacht zur Verfügung und wurde wahrscheinlich mit Inkrafttreten des
Staatsvertrags 1955 an die Österreichischen Bundesbahnen übergeben.
Weiterführende Links
Übersichtsskizzen
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 254 bei den Österreichischen Bundesbahnen
Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
Wegmann & Co., Kassel |
Baujahr |
1940 |
Beschafft auf Vertrag |
03.966 / 59.024 |
Beschaffung Breitspurdrehgestelle auf Vertrag |
03.966 / 59.030 |
Eigengewicht |
78,4 t |
Länge über Puffer |
24.300 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
24.000 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
23.000 mm |
Drehzapfenabstand |
16.960 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.854 mm |
Wagenhöhe über Schienenoberkante |
3.979,5 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Sonderbauart Görlitz, 3-achsig |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
Tatzlagergenerator ZOG 181 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
In Dachnischen versetzt |
Dachlüfter |
Kuckuckslüfter |
7 Stück |
Abteile |
Einstiegsräume |
2x |
Dieselgeneratorraum |
1x |
Kofferraum |
1x |
Abteile zweibettig |
3x |
Funk- und Fernschreibräume (?) |
2x |
Nachrichtenführerraum |
1x |
Schlüsselraum (?) |
1x |
Raum für Technik und Geräte |
1x |
Ofenraum |
1x |
Endabort |
1x |